Die Corona-Krise führt uns vor Augen, wie schnell wir von Entwicklungen überrascht werden können, die sich als seltenes Ereignis in unser Leben drängen. Solche Ereignisse nennt der Publizist Nassim Nicholas Taleb „schwarze Schwäne“. Quasi über Nacht richtet sich in solchen Situationen unser Denken und Handeln neu aus und bindet unsere Aufmerksamkeit. Nach einer ersten Schockstarre, als Reflex tief in unserem Unterbewusstsein beheimatet, beginnen wir, das Erlebte mit unseren Erfahrungen, unserem Wissen und unseren Glaubenssätzen abzugleichen. Wir tasten uns heran, ziehen erste Schlüsse, treffen vage Entscheidungen.

18. August 2020

Dieser Prozess ist meist von einer großen Unsicherheit und vielen Variablen geprägt. Nicht selten fehlen (noch) rationale Erklärungen, dafür schlagen die Emotionen Purzelbäume. Neben dem „schwarzen Schwan“ kursiert seit Jahren in der Management- und Beraterwelt zudem ein Akronym namens VUCA. Es steht für Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity. Zu Deutsch: Volatilität, Ungewissheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit. Kurz: Die Herausforderungen werden größer! Wie sich die B2B-Kommunikation in unsteten Zeiten planen und steuern lässt, beleuchtet dieser Blogbeitrag.

Alles nur noch VUCA, oder was?

In einer Welt, in der gefühlt kein Stein auf dem anderen bleibt, suchen wir gerne nach passenden Zuschreibungen. In der Beratungspraxis erlebe ich immer wieder und immer häufiger, dass VUCA Entscheidungen hemmt und Organisationen lähmt. Wenn dann auch noch „schwarze Schwäne“ vorbeiziehen, nimmt die Unsicherheit in Management, Führung und bei den Mitarbeitenden exponentiell zu. Das „Fahren auf Sicht“ ist nicht erst seit dem globalen Auftreten von Covid-19 zur Mode geworden. Diese neue Kurzfristigkeit hat immense Auswirkungen auf die Kommunikation: Was mögen Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter denken, wenn die Kommunikation von Unternehmen an Konsistenz, Konsequenz und Kontinuität verliert? Wie verändert sich der Blick auf Marken, wenn diese weniger sichtbar sind und damit an Strahlkraft verlieren? Vier Perspektiven.

  1. Ein Hoch auf die Strategie
    Gerade in unsteten und unsicheren Zeiten ist es wichtig, einen (Kommunikations-)Plan zu haben! Wer denkt, dass es ohne Strategie geht, irrt. Und wer hektisch von einer Maßnahme zur nächsten springt, wird eine Bauchlandung erleben und sein Budget verpulvern. Ganz zu schweigen von der Frage, welche Auswirkungen ein derartiges Vorgehen auf die Faktoren Bekanntheit und Image hat. VUCA ist nämlich kein Freibrief für diejenigen, die sich nicht festlegen wollen. Im Gegenteil: VUCA erfordert mehr denn je eine fundierte Auseinandersetzung mit sich immer schneller wandelnden Zielgruppenbedürfnissen, volatilen Marktentwicklungen und unterschiedlichen Szenarien. Nur wer einen (guten) Plan hat, gelangt zuverlässig ans Ziel. Nehmen Sie sich also Zeit für Strategie.
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  2. „smarte“ Ziele gegen Frustration
    In unserer Beratung setzen wir konsequent auf „smarte“ Ziele. Ziele müssen spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch und terminierbar sein. „Wir wollen im Bereich Kontraktlogistik wachsen“ ist ebenso ungeeignet für eine zielgerichtete Kommunikation wie die Forderung nach einer „Platzierung auf Seite 1 bei Google“. Und wer scheitert schon gerne, weil sich formulierte Ziele als unerreichbar oder vollkommen überzogen erweisen? Stichwort KPI: Legen Sie fest, welchen Outcome (zum Beispiel ein gewünschtes Verhalten Ihrer Dialoggruppe) Sie erreichen möchten. Output allein (zum Beispiel mehr Traffic auf Ihrer Website) ist zu wenig aussagekräftig. Beispiel Social Media: Wer neue Kunden gewinnen möchte, sollte sich über zu viele Likes der eigenen Mitarbeiter eher wundern und seine Strategie überdenken.
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  3. Die Flughöhe vergrößern
    Wenn es in Unternehmen Risikomanager gibt, muss es auch Chancenmanager geben! Denn Veränderungen müssen gründlich aus allen erdenklichen Perspektiven beleuchtet werden. Wer nur einen Ausschnitt betrachtet, verliert den Überblick. Aus der Helikopter-Perspektive mit gelegentlichen Zwischenlandungen lassen sich die besseren Schlüsse ziehen. Für die Kommunikation bedeutet das: Prüfen Sie Ihren Plan (=Strategie) immer wieder auf Herz und Nieren, binden Sie gewonnene Erkenntnisse (Lessons Learned) ein, reagieren Sie zügig auf unvorhergesehene Entwicklungen („schwarze Schwäne“). Ist Ihre Strategie gut angelegt, ergeben sich allenfalls Veränderungen an den Rändern – der zentrale rote Faden bleibt erhalten.
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  4. Mutig machen – Pareto lässt schön grüßen
    80/20 – das Prinzip, das der italienische Ökonom und Soziologe Vifredo Pareto bereits Anfang des 20. Jahrhunderts untersuchte, ist heute insbesondere in der Marktkommunikation relevant. Veränderungsgeschwindigkeit und Dynamik nehmen zu, die Zahl der Variablen steigt, Ressourcen (Manpower und Budget) müssen sinnvoll eingesetzt werden, damit die „smarten“ Ziele erreicht werden können. Das Jahresmotto der Bundesvereinigung Logistik (BVL) aus dem Jahr 2018 gilt weiter: Mutig machen! Das ist übrigens kein Widerspruch zu einem planvollen und strategischen Vorgehen. Ganz im Gegenteil: Eine wirkmächtige Kommunikationsstrategie vereint unverhandelbare Eckpfeiler (Markenversprechen, Kernbotschaften, Positionierung…) mit flexibel gestaltbaren Maßnahmen (Content, Formate, Kanäle…). Das verbindende Element sind – genau! – die Dialoggruppen!
Lernen lernen

Ja: Die Herausforderungen sind groß und es gibt Probleme, die gelöst werden wollen. Doch weder „schwarze Schwäne“ noch VUCA taugen als Grund für Aktionismus oder Untätigkeit in der Kommunikation. Jeden Tag dazulernen – das ist es, worauf wir uns einlassen müssen. Und wer es nicht (mehr) kann, muss es schnell lernen, das Lernen.