Die Mondlandung? 1969 von der NASA inszeniert. Bielefeld? Gibt es eigentlich gar nicht. Der King of Rock ’n’ Roll? Eigentlich noch am Leben. Und Corona? Ausgelöst durch 5G-Sendemasten. So könnte es ewig weitergehen. Denn Verschwörungstheorien sind – kommunikativ betrachtet – wahre Kassenschlager, zumindest was ihre Anzahl, Reichweite und Öffentlichkeitswirksamkeit betrifft. Alles nur Gefasel von realitätsfremden Spinnern? Nein. Denn Verschwörungstheorien lehren auch, auf was es in der Kommunikation manchmal ankommt.

28. Juli 2020
Haben Fakten keinen Wert mehr?

So könnte es fast wirken. Und schon der Ausnahmephilosoph und Soziologe Jürgen Habermas ist sich sicher: Es gebe keinen gesellschaftlichen Konsens, sich auf Wissenschaftlichkeit, Rationalität und gesicherte Fakten zu verlassen. Donald Trump ist das lebende Beispiel dieser These. Denn wer gesicherte Fakten als Fake News tituliert, glaubt doch auch an Aldebaraner. Oder? Ganz so einfach ist das leider nicht. Und nicht alle Verschwörungstheoretiker sind Spinner. Sie zeigen uns viel mehr Notwendigkeiten und Bedürfnisse auf, die auch für die Kommunikation gelten.

Verschwörungen bieten Zugehörigkeit und Einfachheit

Ein Grund für den Siegeszug der Verschwörungstheorien ist sicherlich der Wunsch der Kommunikationsempfänger, etwas zu wissen, das andere nicht wissen – der Reiz des Geheimen, sozusagen. Verschwörungstheorien nehmen ihre Gläubigen in eine Art exklusiven Zirkel auf, machen ihn zum Teil einer Gruppe, die Geheimnissen nachgeht. Also eigentlich so eine Art Indiana Jones aus der Welt der sogenannten Prepper. Sie vermitteln den Gläubigen, nicht allein zu sein und zeigen Gemeinsamkeiten auf. Vor allem zeigen Verschwörungstheorien eines: Die Welt ist manchmal zu komplex, als dass sie sich fassen lassen könnte. Denn Verschwörungstheorien reduzieren komplexe Zusammenhänge auf einen einfachen Nenner. Nehmen wir das Beispiel Corona. Bevor man sich lange Gedanken darüber macht, woher das Virus kam, begibt man sich auf abwegige Pfade und schiebt es Bill Gates in die Schuhe. Bevor man sich überlegt, ob man selbst davon betroffen sein könnte, erfindet man die Mär, dass das Virus doch eigentlich ganz harmlos ist. Diese Theorien bieten eine Einfachheit der Nachrichten, die manchmal fehlt.

Und was können wir jetzt dagegen tun?

All das, was Verschwörungstheorien bieten, kann und sollte „vernünftige“ Kommunikation auch leisten: Sie sollte ihre Adressaten da abholen, wo sie stehen. Sie ernstnehmen und ihre Bedürfnisse vorher in Erfahrung bringen. Sie sollte Hörer und Leser in einen Kreis aufnehmen, der Exklusivität bedeutet – die Exklusivität guter Inhalte, die einschlagen wie Verschwörungstheorien. Und vor allem: Sie sollte die Komplexität der Wirklichkeit dort wo es nötig ist, auf ein vertretbares Maß reduzieren und dadurch Geschehnisse und Neuigkeiten verständlich machen. Das verhindert nicht nur Verschwörungstheorien, sondern lässt auch so manchen Text gleich viel lesbarer werden.

Fazit: Adressaten abholen, sie in einen Kreis der Exklusivität aufnehmen, die Komplexität der Wirklichkeit runterbrechen und aktuelle Geschehnisse verständlich zu machen. Nur eben mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, auf der Basis von Fakten zu kommunizieren. Nicht auf der Basis von Hirngespinsten.