Blaubeerkäsekuchen, Rothaarige und Papierflieger haben nichts gemeinsam? Falsch gedacht! Sie alle teilen sich das Datum ihres Ehrentages: den 26. Mai. Jedes Jahr zelebrieren Menschen Aktionstage, um das Bewusstsein auf wichtige Dinge zu legen – die Aktionstage für Nachhaltigkeit, die noch in dieser Woche beginnen, zum Beispiel. Das ist eine gute Sache. Der nationale „Ändere-dein-Passwort-Tag“? Okay, von mir aus. Aber der „Sprich-wie-ein-Pirat-Tag“? Eher nicht. Was aber reizt uns an solchen teils sinnbefreiten Aktionstagen, dass wir immer und immer wieder neue ins Leben rufen? Und was würde passieren, wenn wir damit einfach aufhören würden?

26. Mai 2020
Wirklich niemand kann sich entziehen

Die Urheber der „Schon-wieder-irgendein-Tag-Tage“ könnten unterschiedlicher nicht sein. Von Bundesministerien über NGOs bis zu Kleintierzuchtvereinen ist alles dabei. Platzhirsch darf sich wohl die UN mit ihren Unterorganisationen nennen. Mehr als 100 internationale Aktions- und Gedenktage im Jahr haben die Vereinten Nationen ins Leben gerufen. Es gibt wenige Gruppierungen, die nicht mit irgendeinem Tag liebäugeln. Und wer kann es ihnen verdenken. Schließlich stehen ja auch wir manchmal morgens auf und spielen mit dem Gedanken: heute wird ein „Ich-bliebe-besser-im-Bett-Tag“. Spätestens beim Blick auf das Smartphone und beim Check der Social-Media-Kanäle verfestigt sich dann der Gedanke, dass es scheinbar immer einen „Tag“ geben muss. Wir scheinen schon darauf konditioniert zu sein. Vielleicht ja auch schon übersättigt.

Wohldosiert ein Genuss für Kommunikatoren

Dabei können manche Tage aus Marketing-Sicht durchaus sinnvoll sein. So können Buchhandlungen ihr Angebot zwischen zwei Deckeln am UNESCO-Welttag des Buches sicher gut vermarkten. Und am vierten Mai freuen sich jährlich nicht nur die Star-Wars-Fans, sondern auch die Kinos und die Kostümindustrie. Auch für Content-Generatoren bieten solche Tage – wohldosiert – einen Hochgenuss. Denn gerade in der schnellen Welt der sozialen Medien, in denen Beiträge nach Gehalt, aber auch nach Aktualität und Frequenz gerankt werden, bieten der „Welt-Emoji-Tag“ und seine Begleiter zumindest Anknüpfungspunkte. Dass es in den USA einen „Artikuliere-vollständige-Sätze-Tag“ gibt, dürfte natürlich jeden Kommunikationsprofi freuen.

Überdosiert ein Problem für Goldfische

Aber wie es mit den meisten Dingen so ist, gilt auch für Aktionstage: Zuviel ist zu viel. Gerade für die ob ihrer Aufmerksamkeitsspanne liebevoll „Generation Goldfisch“ genannten Altersgruppen können unwichtige und unnötig aufgebauschte Themen Dinge verdrängen, die wirklich einen Tag verdienen: die Weltgesundheit, die Gleichberechtigung von Mann und Frau oder der Kampf für den Weltfrieden. Das Mantra, das eine Lösung darstellen könnte: Ausmisten im Kalender der kuriosen Feiertage. Denn was die Welt mit dem „Tag der gerösteten Marshmallows“ anfangen soll, bleibt fraglich.

Aber wie schon Otto Julius Bierbaum sagte: „Humor ist, wenn man trotzdem lacht.“ Darum freuen wir uns auf morgen, den 27. Mai – übrigens der Ehrentag der Sonnencreme, des Klebebands und des Purzelbaums.