Ob aus dem Munde eines Arbeitskollegen beim Morgenbriefing oder einer Freundin, die uns beim Griff in den heimischen Kühlschrank neugierig über die Schulter guckt – wer von Ihnen hat noch nicht die Frage gehört: „Warum machst du das so?“ „Warum druckst du die Mail überhaupt noch aus? Ich lese ja grundsätzlich…“ Oder: „Warum trinkst du neuerdings alkoholfreies Bier?“ Warum eigentlich? Ja, warum tun wir die Dinge, die wir tun, so wie wir sie tun? Wahrlich eine große Frage. Stoff für ein ganzes Buch. Keine Sorge, soweit soll es an dieser Stelle nicht kommen.

11. Februar 2020

Solche einfachen und gleichzeitig doch tiefgründigen, bohrenden Nachfragen sind auf Anhieb für den Befragten gar nicht so leicht zu beantworten. Sie können auch nerven. Wer hat schon die Zeit, sein tägliches Treiben im laufenden Betrieb derart zu hinterfragen? Eben. Und manche Dinge sind am Ende vielleicht auch ganz einfach egal.

In den Philosophenmantel geschlüpft

Wie dem auch sei, wir nehmen uns jetzt mal einfach die angesprochene Zeit, schlüpfen in einen Philosophenmantel und streichen uns grüblerisch über das Kinn: Also, was von unseren Handlungen ist gelernte Routine, was läuft demnach unbewusst und damit praktisch automatisch ab? Welche Methoden wenden wir hingegen ganz bewusst, beispielsweise aus voller Überzeugung, an?

Eine Antwort darauf lautet zum Beispiel, weil sich etwas im Praxistest als die bessere Lösung erwiesen hat. Etwa, unsere Mails nur zu festen Zeiten zu bearbeiten, anstatt sich mit jeder eingehenden elektronischen Post direkt zu befassen. Oder Texte und wichtige Mails auszudrucken, um sie mit einer erhöhten Aufmerksamkeit prüfen zu können. Was uns ganz einfach mehr Spaß bereitet, ist ein anderes Kriterium für unsere Entscheidungen. Vielleicht möchte manch einer an der ein oder anderen Stelle ganz einfach auch seine eigene Duftmarke setzen. Bestimmt fallen da jedem und jeder ganz unterschiedliche Beispiele aus seinem beziehungsweise ihrem Alltag ein.

Never change a winning team?

„Warum machst du das so?“ Die Alarmglocken sollten in unseren Ohren schrillen, wenn wir das auch nach längerem Nachdenken gar nicht genau beantworten können. Oder wir uns in Formeln flüchten wie „Machen wir halt bei uns so“, „Mache ich schon immer so.“ Da mag eine Portion Franz Beckenbauer durchschimmern. Sein bayrisches Erfolgsrezept lautete: „Never change a winning team“. Läuft doch, also warum gerade jetzt Hand anlegen?

Nun, der Kaiser muss es ja wissen, die im Laufe seiner Spieler- und Trainerlaufbahn angehäuften Pokale und siegreich bestrittenen Endspiele sprechen für sich. Doch bekanntermaßen endet irgendwann auch die goldenste aller Ären. Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen, nichts für ungut. Die lähmende Macht der Gewohnheit droht sich allgegenwärtig einzuschleichen, wie auf dem Rasen, so auch an unserem Schreibtisch.

Gekommen, um zu verändern

Die Gegenspieler des Gewohnten sind Veränderungen: Globale Trends, die einzelne Branchen sprichwörtlich in den Schwitzkasten nehmen. Demnächst bitte kein Zucker im Schokoriegel – danke! Am besten keine Plastikbestandteile in der Verpackung. Und das Paket, das ich gerade geordert habe, möge bitte noch heute über meine Türschwelle in meine Hände übergehen. Der „ganz normale Wahnsinn“, werden viele da lapidar entgegnen. Das Feuer wachsender Märkte und neuer Nachfragen muss ja irgendwo angefacht werden.

Über diesem spannungsgeladenen Szenario schwebt zusätzlich noch das Damoklesschwert, unser gesamtes Tun in die smarte Welt der Einsen und Nullen zu übersetzen. Und zu guter Letzt klopft eine wahre Mammutaufgabe immer energischer an die Pforten von Vertretern unterschiedlichster Wirtschaftszweige: Die äußerst mitgliederstarke „Generation der Babyboomer“ verabschiedet sich in einigen Jahren in den Ruhestand. Wie gelingt es da Unternehmen, junge Talente zu gewinnen, um sie an die zahlreichen vakanten Schlüsselposten heranzuführen?

Der Preis – für das permanente Stimulieren der Marktanforderungen wie für ein schlagkräftiges Recruiting-Manöver – ist freilich die Veränderung. Mehr neue Dinge wagen. Am besten haben wir also stets schon eine stichhaltige Antwort bereit, warum wir die Dinge, die wir tun, so tun, wie wir sie tun. Und nicht anders.

Oder wir fangen an, einfach neue Dinge zu tun – beispielsweise wie der Tech-Riese Google in seiner Münchner Niederlassung: Fordern Sie Ihr Team doch auch einmal beim Kicker-Turnier heraus. Oder brauen Sie Ihr hauseigenes Bier. Mit oder ohne Alkohol. Warum? – Warum nicht?

Autor: Florian Pahlke