Haben Sie heute schon die Nachrichten gelesen oder durch die sozialen Netzwerke gescrollt? Überall wimmelt es von öffentlichen Diskussionen. Aktuell wird vor allem von vorne bis hinten über die politische Lage in Osteuropa, die Corona-Pandemie oder das Thema Nachhaltigkeit diskutiert, als gäbe es kein Morgen. Dabei wird häufig eine Argumentationsstrategie angewendet, der wahrscheinlich jeder schon einmal begegnet ist: Whataboutism. Was genau es damit auf sich hat und wie Sie mit Whataboutism jede Diskussion gewinnen können, egal um welches Thema es geht, erfahren Sie hier!

10. März 2022

What is Whataboutism?

Sie möchten jede Diskussion gewinnen, auch wenn es um Themen geht, von denen Sie keine Ahnung haben? Dann habe ich etwas für Sie, denn mit dieser Strategie können Sie alle Gesprächspartner.innen gegen die Wand argumentieren. Es handelt sich um den sogenannten Whataboutism, der vom Oxford Living Dictionary wie folgt definiert wird: „die Technik oder Praxis, auf eine Anschuldigung oder schwierige Frage mit einer Gegenfrage zu antworten oder ein anderes Thema aufzugreifen.“ Bereits im Kalten Krieg wurde diese Strategie als Propaganda-Taktik eingesetzt, wobei immer stets auf die Missstände der anderen Seite aufmerksam gemacht wurde, sobald Kritik an der eignen Person oder Partei ausgeübt wurde.

 

How to: Whataboutism

Sicher sind auch Sie schon einmal jemandem begegnet, der diese Taktik in einer Diskussion mit Ihnen angewendet hat. Vielleicht haben Sie sie sogar selbst schon einmal bewusst oder unbewusst eingebracht. Bestimmt hatten Sie keine negativen Intentionen dabei, allerdings ist die Anwendung des Whataboutism nicht zielführend, wie die folgenden Beispiele verdeutlichen. Ein kurzer Hinweis vorab: Die Beispiele wurden bewusst gewählt, um das Ausmaß des Whataboutism anschaulich darzustellen. Sie stehen in keinem Zusammenhang mit meiner persönlichen Meinung, sondern sind lediglich Beispiele, die ich im Alltag oder in den sozialen Netzwerken bereits beobachten konnte.

  • Person 1: „Wir müssen unseren CO2-Fußabdruck verringern!“
    Person 2: „Aber was ist mit den vielen anderen Ländern, die unkontrolliert CO2 produzieren? Solange sie das tun, bringt es auch nichts, wenn wir uns damit beschäftigen.“
     
  • Person 1: „Frauen werden häufig aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt, dagegen müssen wir etwas tun!“
    Person 2: „Aber es gibt auch Männer, die von Frauen diskriminiert werden. Was ist mit denen?
  • Person 1: „Viele ernähren sich aus Klimaschutzgründen vegan.“
    Person 2: „Aha, was ist denn mit denen, die trotzdem noch mit dem Flugzeug in den Urlaub fliegen?“

Wie diese Beispiele verdeutlichen, müssen sich häufig Menschen mit solchen Gegenargumenten auseinandersetzen, die eine Veränderung fordern. Hierzu gehören unter anderem Politiker.innen, Klimaschützer.innen oder Feminist.innen. Dabei wird während der Diskussion oft nicht über das eigentliche Problem reflektiert, sondern aus Prinzip eine Abwehrhaltung eingenommen, um auf einen anderen Missstand aufmerksam zu machen und dem Gegenüber den Wind aus den Segeln zu nehmen. Franziska Wolf bringt es in ihrem Beitrag zum Thema in einem Beispiel auf den Punkt und verdeutlicht, wie unsinnig solche Gegenargumente manchmal sein können:

Ihr Lieblingsargument zum Thema Feminismus: „Gäbe Man(n) ihren Forderungen nach, dürfte man(n) ja gar nichts mehr.“
Ihr Kommentar dazu: „Überhaupt eine der dämlichsten Antworten, denn man(n) dürfte dann genauso viel wie Frau, und wenn das gar nichts mehr ist, dann verstehen sie ja offenbar doch, was das Problem ist.“

 

How to handle Whataboutism: Wie geht man in der Kommunikation damit um?

Auch Unternehmen begegnen vor allem in den sozialen Netzwerken immer wieder Whataboutism. Kaum wird eine Meldung herausgegeben, kommen Whataboutisten zum Vorschein und kommentieren was das Zeug hält. Nachhaltigkeit ist hier beispielsweise ein sehr beliebtes Thema, so auch im Wirtschaftsbereich Logistik. Ein Beispiel: Kommuniziert ein Unternehmen, dass es mehr Fahrzeuge mit alternativen Antrieben einsetzt, heißt es nicht selten in den Kommentaren: „Aber was ist mit den anderen Fahrzeugen? Solange die noch im Einsatz sind, bringt es doch sowieso nichts!“ Oder: „Und was ist mit dem ganzen Verpackungsmüll, der jeden Tag produziert wird? Dagegen helfen auch keine alternativen Antriebe!

Hier heißt es für Unternehmen Ruhe bewahren. Seien Sie ehrlich und bleiben Sie freundlich. Machen Sie klar, dass Ihnen bewusst ist, dass es noch andere Baustellen gibt (in diesem Fall z.B. der Verpackungsmüll), die Sie ebenfalls auf dem Schirm haben oder sogar bereits angehen. Je nachdem wie provokant oder unfreundlich die Kommentare sind, kann es auch eine Lösung sein, sie zu ignorieren. Denn manchmal können auch sachliche Gegenargumente Whataboutisten nicht zufriedenstellen, wenn sie mit dem Ziel der reinen Provokation kommentieren. Ein Patentrezept im Umgang mit solchen Reaktionen gibt es allerdings nicht. Wägen Sie stets ab, was im Einzelfall sinnvoller ist. Wenn die große Mehrzahl der Reaktionen positiv ist, sollte ein einzelner Whataboutist Sie nicht weiter beunruhigen. Sofern sich die Community darauf einlässt, hat das Anregen einer sachlichen und konstruktiven Diskussion zum Thema allerdings meist mehr Vorteile als Nachteile, denn so entstehen oft die besten Lösungsansätze.

 

What about winning?

Letztlich geht es beim Diskutieren nicht darum, zu gewinnen, indem man sein Gegenüber mundtot macht. Es geht darum, unterschiedliche Perspektiven zu einem bestimmten Thema zu beleuchten, um im besten Fall eine zielgerichtete Lösung für das Kernproblem herauszuarbeiten. Lassen Sie uns dabei alle etwas hinterfragen, konstruktiv, lösungsorientiert und auf Fakten basierend in der Sache argumentieren und vor allem respektvoll miteinander umgehen. Denn gerade in diesen Zeiten ist es doch umso wichtiger, an einem Strang zu ziehen und gemeinsam die bestmögliche Lösung für ein Problem herauszuarbeiten. Das bedeutet noch lange nicht, dass alle der gleichen Meinung sein müssen. Aber genau das ist es doch, was uns am Ende zu einem besseren Ergebnis bringt.