Wir surfen im Internet, googeln, checken unsere E-Mails, nehmen an wichtigen Calls teil, posten für die Community auf Social Media, scrollen durch Onlineshops oder chillen einfach auf der Couch. Was haben all diese Dinge gemeinsam? You’re right, my friend, let’s speak Denglisch! Was in Fachkreisen auch Anglizismus genannt wird, beschreibt die Anlehnung deutscher Wörter an englische. Doch ist das, wie viele Kritiker behaupten, wirklich der Untergang der deutschen Sprache?

Magdalene Schaede

07. September 2021

Bei der Einführung von Anglizismen in die deutsche Sprache, werden diese entweder eins zu eins übernommen, neu zusammengesetzt oder an die deutsche Grammatik angepasst. Was anfangs noch als Wortneuschöpfung gilt, etabliert sich oft im Laufe der Zeit als sehr gebräuchlich und wird letztlich in den allgemeinen Sprachgebrauch aufgenommen. „Ist doch nice!“, finden die einen, „eher nervig“, denken die anderen. Doch wo Veränderungen sind, geht auch die Sprache mit, und das nicht erst seit Neustem: Bereits vor einigen Jahrhunderten wurden die ersten sogenannten Lehnwörter in der deutschen Sprache verzeichnet. Ab dem 20. Jahrhundert nahm die Anzahl der Anglizismen allerdings rasant zu und entwickelte eine erhebliche Dynamik.

 

Wenn Beeinflusser in einen Scheißesturm geraten…

Gerade in Bereichen, die viel mit neuen Technologien oder Innovationen zu tun haben, findet man viele Anglizismen. Wenn sich jemand beispielsweise einen neuen Klapprechner zulegt, kommt wahrscheinlich niemand auf die Idee, dass es sich dabei um einen Laptop handelt. Das klingt doch auch irgendwie uncool, oder? Dabei ist es doch so einfach, Wörter aus dem Englischen, die genau on point sind, einfach zu übernehmen – und catchy müssen sie sein! Manchmal gibt es aber auch einfach kein passendes deutsches Wort, mit dem ein englischer Begriff gut übersetzt werden kann. Wenn beispielsweise in der Welt der sozialen Netzwerke ein Beeinflusser in einen Scheißesturm gerät, fragt man sich zurecht, was das bedeuten soll. Dass es sich um einen Influencer handelt, der aufgrund einer Kontroverse einen Shitstorm auslöst, versteht man dann schon eher – und sofort weiß jeder Bescheid, worum es geht. So easy kann es also sein. Aber Vorsicht: Manche der englischen Lehnwörter sind sogenannte falsche Freunde! Wer im Englischen das Wort Handy benutzt, spricht von etwas Handlichem und nicht vom Mobiltelefon. Und auch beim Wort Public Viewing ist Vorsicht geboten, denn was im Deutschen ein ausgelassenes Event beschreibt, meint im Englischen ein eher weniger schönes Event: eine Leichenschau!

 

Sind Sie jetzt lost oder checken Sie alles?

Wie schon eben erwähnt, kursieren auch in den sozialen Netzwerken unzählige Anglizismen. Aus diesem Grund sind es häufig Jugendliche und junge Erwachsene, die sie als erstes in ihren Sprachgebrauch aufnehmen und die Wörter dann weitertragen, bis sie sich im allgemeinen Sprachgebrauch etablieren. So befinden sich auch jedes Jahr zahlreiche englische Lehnwörter und Kunstwörter, die von der englischen Sprache abgeleitet wurden, auf der Liste der Kandidaten für die Wahl zum Jugendwort des Jahres. So auch im Jahr 2020, als die Top Drei aus den Wörtern lost (verloren sein/keinen Plan von etwas haben), cringe (peinlich/wörtl.: erschaudernd) und wyld (Variation des engl. „wild“/krass) bestand. Doch auch was kreative Neuschöpfungen und Wortzusammensetzungen aus englischen Wörtern angeht, ist die Jugend ganz weit vorne: Eine innige, aber dennoch nicht auf körperlicher Liebe basierende Männerfreundschaft wird so zur Bromance (Bro/Brother + Romance), und wer zu viel Zeit hinter Bildschirmen verbringt, läuft Gefahr einen Screenitus (Screen + Tinnitus) zu bekommen – das Gefühl der Erschöpfung, häufig auch der Augen. So lustig diese Wortzusammensetzungen auch sein mögen, treffender könnte man es doch nicht formulieren, oder?

 

Die Corona-Pandemie als Treiber der Sprachentwicklung

Der eingefleischte Anglizismus-Fan freut sich auch über die Corona Pandemie, denn Experten sind sich einig: kein anderes „Event“ hat die Entwicklung des deutschen Wortschatzes so sehr geprägt. Über 1000 Neologismen wurden bisher im Zusammenhang mit der Pandemie verzeichnet. In diesem Zuge sind auch etliche englische Lehnwörter wie Lockdown (Anglizismus des Jahres 2020), Superspreader-Event, Social Distancing, Homeoffice, Homeschooling, Corona-Hype, Corona-Hotspot und so weiter kontinuierlich im Gespräch. Doch ist das wirklich nötig? Viele Kritiker befürchten, dass die übermäßige Einführung von Anglizismen generell zu Verständnisproblemen führen könnte, nämlich gerade bei denen, die kein oder nur sehr schlechtes Englisch sprechen. Allerdings gibt es auch zahlreiche deutsche Fachwörter, an denen sich sogar Politiker die Zähne ausgebissen haben. Man denke an Begriffe wie Reproduktionszahl oder 7-Tage-Inzidenz, die viele Menschen sicherlich auch erst einmal googeln mussten.

 

Das ist ja spooky!

Ist das wirklich der Untergang der deutschen Sprache? Durch die Digitalisierung und die damit einhergehende Globalisierung rückt die Welt weiter zusammen – und so auch die Sprachen. So wie sich das Umfeld wandelt, verändert sich auch die Sprache. Wie sonst könnte man neue Geschehnisse und Entwicklungen zum Ausdruck bringen? Wenn wir sprechen würden wie im 6. Jahrhundert, wären wir heute in der Kommunikation sehr eingeschränkt. Anglizismen sind eben modern und treffen nun mal den Zeitgeist. Und, speaking of the devil, der Zeitgeist ist ein reisefreudiger Geselle, denn er und sein Kollege, der Poltergeist, treiben ihr Unwesen auch nicht nur in der deutschen Sprache – spooky! So finden sich in der englischen Sprache ebenfalls einige Germanismen wieder. Wörter wie Kindergarten, Doppelgänger, Schadenfreude, sowie der Ausruf Gesundheit, wenn jemand niest, sind nur einige anerkannte Ausdrücke. Damit sind wir Deutschen also nicht die einzigen Sprachdiebe. Vielmehr ist es ein freundliches Geben und Nehmen, das es uns ermöglicht so miteinander zu kommunizieren, wie es der Zeitgeist eben erfordert. Das bedeutet allerdings nicht, dass die deutsche Sprache vor dem Untergang steht, vielmehr sind Anglizismen eine Bereicherung – und cool sind sie auch noch.