Einmal im Jahr steht er vor der Tür: der große Jahresurlaub. Endlich hat man Zeit, um sich zu entspannen, die Seele baumeln zu lassen und Dinge zu tun, für die man im Alltag einfach nicht die Zeit findet. Doch bevor die ganze Familie das Haus verlässt gibt es noch einiges zu tun. Koffer müssen gepackt werden. Das Auto will vollgetankt vor der Tür stehen oder die Zug- und Flugtickets müssen auf Smartphone sowie -watch überspielt sein, damit am Bahnhof oder Flughafen alles reibungslos vonstattengehen kann. Zwischenzeitlich geht man seine imaginäre To-do-Liste im Kopf durch und hofft, auch wirklich nichts vergessen zu haben. Bei all dem Gewirr und Trubel fällt mit Sicherheit noch jemandem etwas ein, das unbedingt erledigt werden muss, damit man beruhigt in mehr oder weniger ferne Länder reisen kann. Und so ganz nebenbei fällt dann die Aussage: „Schatz, mach doch mal eben schnell!“

28. April 2020

Zack – da ist es wieder. Das altbekannte „Mach doch mal eben schnell“. Immer häufiger begegnet mir das auch im beruflichen Alltag. Ob in einem kreativen Meeting, beim Brainstorming mit Kollegen oder im Gespräch mit einem Kunden. Irgendwann kommt der Punkt, an dem die Frage gestellt wird: „Können Sie das nicht eben schnell machen?“ Meine klare Antwort: Nein! Und das ist nicht böse gemeint. Denn was oft so scheint, als wäre es schnell erledigt und vom Tisch, entpuppt sich gerne Mal als Mammutaufgabe.

Finger weg vom Aktionismus!

Gerade im Bereich der Unternehmenskommunikation, mit der ich mich tagtäglich beschäftige, ist Vorsicht geboten. Auch wenn es oft den Anschein hat, dass man als PR-Redakteur mal eben schnell einen Text geschrieben oder als PR-Berater mal so nebenbei ein Konzept entwickelt hat. Ganz so einfach ist es nicht. Deshalb kann ich nur davon abraten, etwas „mal eben schnell zu machen“. Ich will kein Spielverderber sein und schon gar nicht spannende Projekte ausbremsen. Ganz im Gegenteil. Mir geht es vor allem darum, nicht in einen Aktionismus zu verfallen, bei dem alles schnell erledigt wird und wichtige Dinge oder Gedanken auf der Strecke bleiben.

Der Eindruck täuscht

Mein Lieblingsbeispiel sind Social-Media-Postings. Kurze, knappe Texte. Je nach Plattform mit maximal 280, 400 oder 1.300 Zeichen. Das klingt nicht nach viel Arbeit, vergleicht man es mit einer Case Study oder einem Artikel in einer Fachzeitschrift, der gerne mal jenseits der 6.000 Zeichen liegt. So ein Posting ist doch schnell geschrieben. Eine Textnachricht an den besten Freund oder die Nachbarin ist ja auch kein Hexenwerk und schnell ins Handy getippt. Das stimmt – wobei eine wichtige Sache nicht beachtet wird: schreibe ich eine Textnachricht, dann weiß ich in den meisten Fällen schon genau was ich sagen will, was die Kernaussage meiner Nachricht sein soll und welches Ziel ich damit verfolge. Steht das alles fest, dann ist auch ein Posting schnell verfasst. Wobei auch hier das Zitat des Mathematikers und Philosophen Blaise Pascal gilt, der sinngemäß und beinahe entschuldigend bereits 1656 schrieb: Mein Brief ist nur deshalb so lang, weil ich keine Zeit hatte, ihn kürzer zu machen. Und nach wie vor gilt:

Gute Kommunikation braucht Zeit

Denn in den meisten Fällen sind die vorangegangen Dinge noch nicht bedacht. Es handelt sich vielmehr um Ideen, spontane Einfälle und daraus resultierende Aufgaben, die man „mal eben so nebenbei machen kann“. Sie sind häufig noch nicht ganz durchdacht, oder es fehlen wichtige Informationen. Und genau diese Dinge machen am Ende den kleinen, aber feinen Unterschied aus. Deshalb sage ich: Kommunikation braucht Zeit. Vor allem dann, wenn sie gut sein soll. Sie braucht eine Strategie, ein Ziel, sowie einen Plan, den man verfolgt. Denke ich an die oben genannten Social-Media-Postings, dann müssen diese in die Gesamtkommunikation eingeordnet werden. Auch hier stellen sich die Fragen: für wen schreibe ich, welche Zielgruppe will ich erreichen, was will ich überhaupt kommunizieren und welches Ziel verfolge ich damit? Diese Fragen sind entscheidend, wenn man anschließend einen Text verfasst, der nicht einfach nur um seiner selbst willen geschrieben werden soll. Gleiches gilt natürlich auch für ein Kommunikationskonzept.

Deshalb sollte man auch Kommunikation mal etwas Zeit gönnen. Zeit, die sie braucht, damit sie sich entfalten und gut werden kann. So wie bei einem Hefeteig, der Zeit braucht, um aufzugehen. Aus dem am Ende aber ein herrlich frisches Brot mit knackiger Kruste und weicher Krume wird.

Die Dosis macht das Gift

Aber Vorsicht: nicht übertreiben! Schon Paracelsus wusste: die Dosis macht das Gift. Und wie so oft im Leben ist weder das eine Extrem noch das andere die beste Lösung. Der richtige Weg liegt vielmehr irgendwo dazwischen. Nicht dass es der Kommunikation am Ende so ergeht wie einem Hefeteig, der zu lange gegangen ist: er fällt irgendwann in sich zusammen, weil die Hefebakterien ihre Aktivität eingestellt haben. Ich kann nur raten: gönnen Sie sich und ihrer Kommunikation etwas Zeit. Lassen Sie sie aufgehen und vermeiden Sie die Aussage „mach doch mal eben schnell“. Damit schaffen Sie die Grundlage für eine gute, nachhaltige Kommunikation und ein tolles Ergebnis.