Vor, während und nach der Pandemie – Investitionen in die Arbeitgebermarke lohnen sich. Denn das Grundproblem bleibt: Es kommen weniger junge Menschen in den Arbeitsmarkt als ältere in Rente gehen. Zudem sagt man der jungen Generation nach, sie wünsche sich einen sinnhaften Job und eine ausgewogene Work-life-Balance. Diese Veränderungen veranlassen Unternehmen, sich in Stellenanzeigen, Social-Media-Posts, Videos und auf den Karriere-Webseiten als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Doch wie ehrlich können sie dabei überhaupt sein?

23. März 2021

Derzeit ist ungewiss, wie sich der Arbeitsmarkt „post Covid“ entwickeln wird. Vor der Pandemie bemerkten viele Arbeitgeber, dass es immer schwieriger wurde, freie Stellen zu besetzen. Zwar waren nicht alle Branchen und Regionen gleich stark davon betroffen, doch das „Bewerbungsverfahren“ schien sich umzukehren: Zunehmend warben die Arbeitgeber um geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Vielleicht meinen manche von ihnen nun, dass sie das künftig nicht mehr nötig haben werden, da womöglich im Zuge der Pandemie mehr Menschen arbeitslos werden. Einige Unternehmen stehen vielleicht auch vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen, so dass andere Themen dringlicher erscheinen.

 

Doch ohne in die Glaskugel zu schauen und vorherzusagen zu wollen, wie es weitergeht – es bleibt doch eine Gewissheit: Nur mit motivierten Menschen können Unternehmen erfolgreich sein! Diese finden und binden sie, wenn sie an ihrer Arbeitgebermarke feilen. „Aber bitte authentisch!“ heißt es dazu flächendeckend. Doch wie weit kommt man in der Personalarbeit mit Ehrlichkeit?

 

Die authentische Arbeitgebermarke

Nicht jedes Unternehmen hat einen Betriebskindergarten, ein betriebliches Gesundheitsmanagement mit psychosozialen Hilfsangeboten und Fitness-Studio-Mitgliedschaft oder schicke Loft-Büros, in denen sich beeindruckende Job-Videos drehen lassen. Die gute Nachricht zuerst: Darauf kommt es gar nicht an. Und nun die schlechte: Viele Unternehmen wissen nicht, worauf es stattdessen ankommt. Also tun sie so, als ob: Sie beschließen, sich selbst toll zu finden und erzählen das auch ihrer Zielgruppe. Oder sie entwickeln ihre Employer Brand „von außen“, indem sie versuchen zu bieten, was ihre Zielgruppe angeblich will.

 

Sie stellen ein schillerndes Angebot zusammen, das womöglich auch noch viel Geld kostet. Sie präsentieren sich als modern (was ist das überhaupt?), offen, divers und partnerschaftlich, weil sie glauben, so müssten sie sein. Doch leider stimmt das nicht mit ihrer Realität überein. Wer darauf reinfällt und anheuert, darf sich kurz darauf vom Abteilungsleiter anschreien lassen, weil er oder sie einen Fehler gemacht hat.

 

Unternehmenskultur: prima Klima?

Womit wir beim wichtigsten Punkt überhaupt sind: Eine positive Unternehmenskultur ist der gemeinsame Nenner aller Zielgruppen. Niemand will heute in einem Unternehmen arbeiten, in dem ein krank machender Konkurrenzdruck herrscht, sich Kolleginnen und Kollegen hintergehen oder Führungskräfte ausfällig werden. Wer ein guter Arbeitgeber sein will, schaut hier wirklich kritisch hin. Doch wie erkennt man, ob das Betriebsklima stimmt? Die alltägliche Kommunikation enthüllt es: Der Umgangston in kurzen E-Mails, auf dem Gang, in der Online-Konferenz oder in der Kaffeepause sagt oft mehr darüber aus als das geplante Mitarbeitergespräch, in dem sich alle eine Stunde lang zusammenreißen.

Perfekt muss und kann auch hier nichts sein. Doch wenn Ihre Unternehmenskultur nicht einladend ist, vergessen Sie’s einfach mit Employer Branding. Dann zahlen Sie am besten Wundergehälter als Schmerzensgeld. So findet man dann doch noch Menschen, zumindest für eine Weile… Oder die Unternehmens- und Personalführung stellt sich dem Problem und arbeitet konsequent daran, einen neuen positiven Umgang miteinander zu entwickeln. Der Ehrlichkeit halber: Es gibt Vorgesetzte, aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich besonders gut fühlen, wenn sie andere verletzen, behindern und veräppeln. Wenn diese nicht zur Vernunft kommen, müssen sie gehen!

 

Wie in der Liebe: das richtige Matching macht‘s

Employer Branding soll zusammenbringen, was zusammengehört. Wenn also die Kulturfrage positiv beantwortet werden kann, sollten sich die Verantwortlichen diese Frage stellen: Was genau macht uns als Unternehmen aus und wer passt zu uns? Ein Beispiel: Ein Mittelständler aus der IT-Branche mit einem angenehmen Betriebsklima konzentriert sich darauf, eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu bieten. Die Geschäftsführung initiiert regelmäßig Mitarbeiterbefragungen, um zu ergründen, wie sie Eltern und pflegende Angehörige noch besser unterstützen kann. Die Führungskräfte haben diesen Aspekt in ihren Teams ebenfalls ständig im Blick. Sie sind darin geschult, Anzeichen von Überlastung zu erkennen und frühzeitig gegenzusteuern. Wenn dieser Arbeitgeber darauf seine Employer Brand aufbaut und entsprechend kommuniziert, wird er Personen erreichen, die dieses Engagement besonders zu schätzen wissen. Sie werden sich mit dem Unternehmen und seinen Werten stark identifizieren, ihre Leistung gern erbringen und lange bleiben. Das Matching ist geglückt – weil der Arbeitgeber eine Story erzählt hat, die es wirklich gibt!

 

Mitarbeiterbindung: Was lange währt, macht Arbeit

Doch wie in der Liebe ist es mit dem Zusammenkommen nicht getan. Denn nun zeigt sich, wie ehrlich die Partner geworben hat und ob sie ihre Versprechen auch langfristig halten. Einen kleinen Realitätsabschlag sollten sie einander gewähren. Doch grundsätzlich müssen Unternehmen, die es mit Employer Branding ernst meinen, die geweckten Erwartungen erfüllen. Unternehmen fordern ihrerseits heute selbstverständlich, dass die neue Kollegin oder der neue Kollege bereit ist, weiter zu lernen und sich zu entwickeln. Das gilt auch umgekehrt. Arbeitgeber können sich nicht zurücklehnen, wenn sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig binden wollen. Deshalb müssen beide Seiten im Gespräch bleiben und einander möglichst ehrlich mitteilen, wenn sich Erwartungen und Bedürfnisse ändern.

 

Kein leichtes Spiel

Authentizität im Employer Branding ist keineswegs einfach. Der Spagat zwischen den Erwartungen der Zielgruppe und der eigenen Realität kann ganz schön weh tun. Die Verantwortlichen müssen sich davor hüten, sich selbst zu belügen. Vor allem Führungskräfte der oberen Ebene neigen dazu, die eigenen Arbeitgeberqualitäten positiver einzuschätzen als die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Oft wissen sie aber auch nicht, was besonders gut ankommt. Hier hilft nur ein Abgleich, indem man das Personal befragt. Wer echte Stärken entwickelt und darauf seine Arbeitgebermarke aufbaut, hat eine gute, und vor allem wahre Story, zu erzählen – und wird damit die passenden Menschen erreichen.