Nachhaltigkeit ist ein Dauerthema – und das zu Recht. Im Employer Branding gilt es bislang noch als kleines Plus, wenn ein Unternehmen sozusagen einen grünen Daumen zeigen kann. Nice to have eben. In einigen Jahren wird das anders sein. Dann wird es für Firmen, die nicht wirklich nachhaltig sind, deutlich schwerer werden, Nachwuchs zu finden. Sich einen grünen Schriftzug zu geben und Bäume neben dem Mitarbeiterparkplatz zu pflanzen, wird dann nicht mehr reichen, um eine heranwachsende Generation von jungen Klimaaktivisten zu überzeugen, die heute auf die Straße gehen, morgen studieren und übermorgen auf Jobsuche sind.

08. Oktober 2019

Greta Thunberg schloss ihre Rede vor der UNO mit den Worten: „Change is coming, whether you like it or not.“ Und das war durchaus ernstzunehmen. Was heute hier und dort noch lächelnd wahlweise nach Gutsherrenart als ungestüme Jugendeuphorie, oder mit wütender Miene als Frechheit eines verwöhnten Kindes abgetan wird, beschäftigt derzeit eine ganze Generation von künftigen Nachwuchskräften. Darum sind Firmen gut beraten, bereits heute den Thunberg-Test im eigenen Unternehmen durchzuführen.

Die Arbeitgebermarke mit dem “grünen Daumen”

Die Fragen: Wie grün sind wir wirklich? Wie nachhaltig arbeiten wir tatsächlich? Und können wir jungen Bewerbern ernsthaft gegenübertreten und ihnen vermitteln, warum oder warum nicht? Denn sie werden unbequeme Fragen stellen und sie werden das allseits beliebte Greenwashing durchschauen. Corporate Social Responsibility spielt zwar eine zunehmend wichtigere Rolle. Aber ich stelle immer wieder fest, dass die Frage dabei oft lautet: Was können wir als Unternehmen minimalinvasiv im Hinblick auf Nachhaltigkeit leisten, das großartig nach außen wirkt? Denn in der zugehörigen Trias aus Wirtschaft, Sozialem und Umwelt steht letztere nicht ohne Grund auf dem dritten Platz. Erst muss die wirtschaftliche Seite stimmen, dann geht es um die Menschen. Und wenn wir dann noch Zeit und Geld haben, kümmern wir uns um den ökologischen Teil.

Wer allerdings so denkt, hört den jungen Kritikern nicht zu. Das Wirtschaftliche an erste Stelle zu setzen, hat uns den Klimawandel aus ihrer Sicht überhaupt erst beschert. Mit Blick auf die Geschichte seit der Industrialisierung wird es schwierig, dagegen zu argumentieren. Aussterben von Tierarten, Landnahme, Temperatursteigerungen und Polkappenschmelzen: Unternehmen, die das Ökologische nicht ganz weit nach vorne stellen – auf eine Ebene mit dem Wirtschaftlichen – werden von der heranwachsenden Generation abgestraft werden.

Selbstkritisch und konsequent

Dabei geht es nicht darum, die Summe von Einzelmaßnahmen gut zu inszenieren. Es geht darum, eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln, die ihrem Namen gerecht wird. Hier mal LED-Beleuchtung nachrüsten und dort mal einen Krötenteich ausheben, gleichzeitig aber an Palmfett, Diesel oder Plastikverpackungen festzuhalten, kann nicht der Weg sein. Damit die Arbeitgebermarke authentisch grün ist, muss sich auch die Firmenphilosophie grundsätzlich ändern. Thomas Gutberlet, Chef der hessischen Supermarktkette Tegut, fasste sein Unternehmensziel in einem Beitrag für „Die Zeit“ folgendermaßen zusammen: „Wir möchten mit der Erde so umgehen, dass sie uns erhalten bleibt. Und dabei die Menschen nicht aus dem Blick verlieren.“

Das war bereits 2012. Nun mag man darüber streiten, ob Tegut diesem Leitgedanken in aller Konsequenz gerecht wird. Unabhängig davon zeigt das Beispiel allerdings, wie ein passender Ansatz für eigentlich so ziemlich jedes Unternehmen lauten kann. Nur muss er eben auch mit Leben gefüllt werden und darf nicht hohle Phrase bleiben – denn die besteht den Thunberg-Test nicht.