Unser Denkapparat hat einiges auf dem Kasten. Unzählige Prozesse laufen gleichzeitig ab – und das sogar ganz ohne, dass wir etwas davon mitbekommen. Warum vergessen wir trotzdem zum Beispiel immer wieder, was wir eigentlich einkaufen oder welches To-do wir als nächstes erledigen wollten?

„Du, ich bin auf dem Sprung, aber ich parke das mal kurz bei dir zwischen: Wir müssen uns morgen unbedingt nochmal die Zahlen von Meyer und Söhne anschauen, vielleicht können wir da einen Termin für nächste Woche ausmachen? Bei der Gelegenheit sprechen wir dann gleich nochmal über die Jahresstrategie, was meinst du?“ Wie ein Wirbelwind braust die Chefin durchs Büro, einen kurzen Stopp an meinem Schreibtisch und drei schnell gesprochene Sätze später ist sie aus der Vordertür verschwunden.  

Dass ich in eine völlig andere Aufgabe vertieft war und mich seit anderthalb Stunden damit abmühe, das komplexe Planungstool eines unserer Kunden zu durchsteigen, hat hier keine Relevanz. Gut, die Anwendungsbereiche des TMS, mit denen ich mich vorhin gedanklich beschäftigt habe, sind jetzt eh weg. Dann kann ich auch gleich den eben angesprochenen Punkt auf meine Liste setzen, damit er nicht in Vergessenheit gerät. 

 

Straßenverkehrsordnung (StVO) auf dem Gedankenparkplatz  

Doch für wie viele Informationen bietet der gedankliche Parkplatz Raum? Gibt es dort vielleicht Kategorien? Einkaufslisten bitte hinten links, Ideen für Weihnachtsgeschenke parken wir hinter dem Gebäude und Vorsorgetermine, die wir unbedingt mal wieder beim Arzt vereinbaren wollten, kommen in die Tiefgarage – dort verstecken sie sich dann bis auf Weiteres. Für Themen, die mit der eigenen Arbeit zu tun haben, ist der Bereich vorne rechts reserviert, und alles andere kommt dann irgendwo dazwischen. Gibt es hier eine StVO, sowas in der Art wie „die eigenen Termine haben Vorrang vor Anliegen meiner Kolleg.innen“? 

 

Gedanken outsourcen: die externe Festplatte 

Klebezettel, Notizbücher, virtuelle Listen, Boards, vollgekritzelte Servietten, lose Zettelsammlungen – die Reihe könnte beliebig fortgeführt werden. Stift und Papier, ob in digitaler Form oder mit Osterhasen bedruckt, helfen uns weiter, weil wir damit unseren Gedankenspeicher aufräumen können. Wichtiges geht nicht verloren, ein schneller Blick auf die Liste hilft beim Priorisieren. Das sollten wir uns zunutze machen, schließlich ist erwiesen, dass Gedanken, die in irgendeiner Form schriftlich festgehalten werden, den „internen Arbeitsspeicher“ weniger belasten, als wenn sie als lose Ideen im Kopf umherwirbeln. Der präfrontale Cortex, der in unserem Kopf gewissermaßen die Schaltzentrale für Problemlösungen und Entscheidungen ist, wird schon allein dadurch entlastet, dass wir Dinge auf eine Art „externe Festplatte“ auslagern. Muss das Gehirn sich nicht mehr so viel merken, dann entsteht Raum für Entspannung und Kreativität und wir können uns wieder besser konzentrieren.  

 

Kreative Ordnung ins Chaos bringen 

Eine geordnete Alternative zur losen Zettelwirtschaft stellt sicherlich die Mindmap dar. Ob in Papierform oder digital mit Hilfe eines Tools erstellt – Hauptsache, sie hilft dabei, die Gedanken zu sortieren. Programme wie Zen Mind Maps, Yed Live oder Wisemapping helfen beim Erstellen der Baumdiagramme und sind quasi selbsterklärend. Komplexe Zusammenhänge und Abhängigkeiten lassen sich so ebenso schön darstellen wie erste Ideensammlungen, die bei der Themenfindung helfen.  

Bullet Journaling ist eine andere tolle Methode, Platz im Kopf zu schaffen und die unterschiedlichen Lebensbereiche zu organisieren. Die verschiedenen Aufgabenfelder lassen sich inhaltlich vollständig voneinander trennen, sodass sich eine Struktur der Gedanken wie von selbst ergibt. Durch das kreative Festhalten der Aufgaben, Termine und Ideen beschäftigen wir uns automatisch ein bisschen länger mit den entsprechenden Themen und treffen dabei vielleicht schon erste Entscheidungen oder entwickeln Lösungsansätze – so kehrt mehr Ruhe in die Gedanken ein.  

 
Strukturierung der Gedanken im Arbeitsalltag 

Ein melodisches „Ping“ verkündet das Eintreffen einer neuen E-Mail, das Teams-Symbol blinkt hektisch vor sich hin und bittet darum, den eingehenden Anruf anzunehmen. Digitale Vernetzung hin oder her – wenn man gedanklich gerade bei seinen eigenen Aufgaben und Themen ist, hilft es enorm, nicht ständig die Mails und den Messenger im Blick zu behalten. Neben den soeben vorgestellten Möglichkeiten ist es daher grundsätzlich wichtig, einen freien Kopf zu behalten, um sich auf seine Aufgaben konzentrieren zu können. Wenigstens digital kann man sich also ein Stück weit abschotten und dem Thema dann zuwenden, wenn der Kopf frei dafür ist. Hilfreich kann hier die Pomodoro-Technik sein: Fünfundzwanzig Minuten am Stück wird fokussiert gearbeitet, dann folgen fünf Minuten Pause, in denen man beispielsweise Nachrichten oder Mails beantworten kann. Nicht zu vergessen sind jedoch die „wirklichen“ Pausen, in denen man eine Runde frische Luft schnappt, in Ruhe etwas trinkt oder einfach nur kurz mit den Kolleg.innen schnackt.  

Ebenfalls wichtig: klare Strukturen. Wer macht was? Gegen gemeinsames Brainstormen ist nichts einzuwenden. Das ist eine tolle Möglichkeit, um den eigenen Blickwinkel zu erweitern und andere Perspektiven einzubringen. Dennoch sollte jede.r für eigene Themen verantwortlich sein. Sind die Grenzen hier nicht klar gezogen, geht eine vergleichsweise leicht zu erledigende Aufgabe immer durch drei Paar Hände, bis sie fertig ist – das raubt allen Beteiligten Energie und Zeit.  

 

Die Gedanken-Parkuhr im Blick behalten 

Vielleicht wäre die Einführung von Parkgebühren eine Idee: „Das kannst du gerne bei mir parken, kostet allerdings einen Kaffee, damit die Idee nicht verloren geht und rechtzeitig wieder hervorgekramt wird.“ Schließlich weiß jede.r, dass Parkplätze rar gesät sind. Es ist ohnehin schon aufwendig, den inneren Abstellplatz für die unterschiedlichsten Einfälle schön sortiert zu halten und aufzupassen, dass nichts untergeht – fremdes Gedankengut verkompliziert die Sache dann noch. Andererseits ist es nett, auf die Einfahrt der Nachbarin ausweichen zu dürfen, wenn der eigene Parkplatz wegen akuter Überfüllung geschlossen ist. Ein kollegiales Unterstützungssystem hat auch seine Vorteile – manchmal hält doppelt einfach besser. Wer also die gedankliche Parkuhr immer im Blick behält und mit verschiedenen Strategien und regelmäßigen Pausen (In-die-Luft-gucken und Däumchen-drehen sind wirklich erholsam!) für Abwechslung sorgt, der kann auch ab und zu ein paar Gedankenparkplätze abgeben.